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Das Haus am Meer

Wo ist der Strand

wenn von Wut umspühlt

keiner mehr sehen kann

die Angelschnur verloren

geht im unendlichen Meer

nur Tränenspuren imstande

etwas vom Salz weg zu spühlen

aus der Wunde

die das Gift vorbereitet hat

als sei Würde

in der Tat ein Hut

zum Wegwerfen

wenn das Schiff

den Anker hochgezogen hat

und Träume auslaufen

bis nach New York.

HF 11.8.2013

 

  

   Verlassenes Haus auf Chios                                   Photo: Maya Fischer 2007

 

To spiti konda sti salassa    Das Haus am Meer

von Georgios Seferis

 

Die Häuser die ich besaß haben sie mir genommen. Es war so

daß die Zeit aus den Fugen geriet: Kriege Trümmer

        Verbannungen:

manchmal findet der Jäger die Zugvögel auf dem Durchflug

manchmal bleiben sie aus: zu meiner Zeit

war die Jagd gut gewesen, viele kamen um in den Feuersbrünsten,

die übrigen streifen umher oder verlieren in den

       Schlupfwinkeln den Verstand.

 

Sprich mir nicht von der Nachtigall oder der Lerche

noch auch von der zierlichen Bachstezle

die mit dem Schwanz Ziffern ins Licht schreibt:

mit Häusern kenne ich mich nicht sehr gut aus

nur daß sie Wesen von eigener Art sind weiß ich, sonst nichts.

Anfangs sind sie neu, wie die Kinder

die in den Gärten mit den Zottlen der Sonne spielen

sticken sie farbig die Fensterläden und glänzend

die Türen in den Tag:

wenn der Baumeister fertig ist verändern sie sich,

sie werden runzlig oder lächeln oder auch: sie verhärten sich

vor denen die bleiben vor denen die fortgehen

vor den anderen die zurückkämen wenn sie könnten

oder den Unauffindbaren jetzt da verwandelt ist

die Welt in ein grenzenloses Hospiz.

 

Mit Häusern kenne ich mich nicht gut aus,

ich erinnere mich an ihre Freude und an ihre Trauer

manchesmal, wenn ich innehalte:

                                                 und wiederum

manchesmal, am Meer, in leeren Zimmern

mit einer eisernen Bettstatt in denen nichts mir gehört

denke ich mir, und sehe dabei der abendlichen Spinne zu

wie einer sich bereit macht zur Ankunft, wie sie ihn schmücken:

mit weißen und schwarzen Kleidern mit vielfarbigem Zierrat

und um ihn her n gesetzter Rede ehrwürdige Damen

in grauem Haar und dunkler Spitze,

wie er sich bereit macht zu kommen und Abschied zu nehmen;

oder auch eine tiefgegürtete Frau mit geschwungenen Wimpern

bei der Rückkehr von südlichen Häfen,

Smyrna Rhodos Syrakus Alexandria,

von Städten so verschlossen wie Fensterläden gegen die Hitze,

wie sie im Duft goldener Früchte und Kräuter

die Stufen hinaufgeht und sich nicht umblickt

nach denen die unter der Treppe liegen und schlafen.

 

Du mußt wissen die Häuser verhärten sich leicht, wenn du sie

leerst.

 

Quelle: Giorgos Seferis (1962 erste Auflage: zweite 1996) Poesie. F.a.M: Suhrkamp. Übertragen aus dem Griechischen von Christian Enzensberger

 

 

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