Ποιειν Και Πραττειν - create and do

Das Prekäre an Kunst und Kultur im Europäischen Kontext - Hatto Fischer 2002

 

Der Gastvortrag fand statt am

Institut ‘Kunst im Kontext’

der Universität der Künste

am 4.12.2002 Mittwoch

18 Uhr /Raum 110 /

Adresse: Einsteinufer 43-53

Berlin

Einleitung

Zwei Bitten sollte ich mit diesem Gastvortrag erledigen:

  1. Kunst und Kultur innerhalb von Europa so zu thematisieren, dass das Problem der offiziellen Kulturprogramme der EG und ihre Ausrichtung auf das kulturelle Erbe etwas verständlicher, also auch nachvollziehbarer wird.

  2. Dieser erste Ansatz soll verknüpft werden mit dem Punkt Reflexionen innerhalb des Kulturkomitees des E.P.

Als ich Berater der GRÜNEN im Europäischen Parlament für das Kulturkomitee – welches außer Kultur, außerdem noch für Medien, Sport, Jugend und Erziehung zuständig ist – war, kam damals an einem leeren Nachmittag plötzlich als Lückenbüßer eine lang anstehende Debatte zum Thema Prioritäten des Kulturkomitees zustande. Bemerkenswert fand ich die zwei Grundprobleme die der Europäische Abgeordnete aus Spanien, MEP Apracio für die Arbeit des Komitees damals ansprach:

Praktisch kann mit dieser Reflexion innerhalb des Kulturkomitees des E.P. die erste Bitte damit beantwortet werden, dass es so gut wie kein offizielles Kulturprogramm der EU gibt, und wenn überhaupt, so der Ratschlag von Frederique Chabaud, bislang General Sekretärin von EFAH (ein europäische Netzwerk verschiedener Netzwerke im kulturellen Sektor von ganz Europa – die Abkürzung EFAH bedeutet: European Forum for the Arts and Heritage) nur indirekt ausfindig gemacht werden. Kurzum mit solch einer Auskunft wäre bereits mein Gastvortrag beendet noch ehe er wirklich begonnen hat.

Wenn wir es aber bei dieser indirekten Benennung nicht so einfach belassen wollen, dann sollten wir durchaus beim Prekären an der Kunst und Kultur ansetzen, denn dadurch lässt sich sehr schnell einiges am europäischen Kontext verdeutlichen. Als methodischer Ansatz müsste dies auf Anhieb einleuchten. Schließlich deutet ja der Name dieser Institution: ´Kunst im Kontext`, vermutlich etwas ähnliches an und zwar das Streben nach einem besonderen methodischen Verstehen, welches sich nur dann einstellt, wenn es einem gelingt den Kontext zum Thema selber herzustellen.

Kunst wäre demnach ein Akt der Selbstbefreiung im Verstehen des Anderen, wobei dahin gestellt sein mag zunächst ob auch für das 21.Jahrhundert das Selbe gilt was Worringer zu Beginn des 20zigsten Jahrhunderts als Prognose aufgestellt hatte, und zwar was später die Arbeiten von Paul Klee auszeichnete, nämlich: die Diskrepanz zwischen Empathie (Einfühlen als Voraussetzung von Verstehen) und Abstraktion.

Wenn also an einem Institut Namens ´Kunst im Kontext` ein Bezug zu den Europäischen Institutionen – Rat, Kommission, Europäisches Parlament in Brüssel – hergestellt werden soll, um Ansätze zu einer offiziellen Kulturpolitik ausfindig zu machen, dann müssen wir auch angesichts der heutigen Weltsituation – also nicht nur auf Europa beschränkt – das Prekäre an Kunst und Kultur zunächst einmal erfassen.

Ich meine damit, dass es Tendenzen gibt die dazu verleiten Kunst und Kultur zu missbrauchen. Die griechische Dichterin Liana Sakelliou Schultz spricht im Zusammenhang einer noch lange nicht verstandenen, aber sehr notwendigen Säkularisierung der Kultur, von der Verwendung der Kultur als Maske der Zivilisation durch den Staat der sobald die Kunst sich dem entziehen würde, so scharf darauf reagiere als sei er terrorisiert. Unter Säkularisierung sollte also nicht nur das Verhältnis Religion und Staat und damit über die Jahrhunderte sich gegenseitig ablösende Definitionsmonopole von was Kunst sei, verstanden werden.

Dadurch entsteht ein erstes ethisches Postulat wenn gesagt wird: Kunst und darum Kultur beziehen sich primär auf den Menschen und sollten darum nicht zum Verbergen der Machtzusammenhänge auf der Ebene von Institutionen dienen. Gewiss, wäre das Verbergen oder Maskieren der Macht möglich, hätte es keinen Sinn gemacht dass Michel Foucault sein Buch mit dem Titel ´Les choses et les mots´- auf Deutsch: Ordnung der Dinge – mit dem Bild ´Das Hoffräulein` beginnt. Aufzeigen der Widersprüche, ja, das sollte die Kunst und auch das Abnehmen der Maske gleich Watteau sollte Kunst und Kultur in eine lebendige Dialektik machen. Denn nur so können die Menschen sich verstehen statt zu sich selbst und anderen gegenüber entfremdeten Objekten obskur gewordener Begierden in einer durch die Medien manipulierten Welt werden.

Wegen dieser Entwicklung plädiert Michael D. Higgins, Irlands ehemaliger Kulturminister und Poet, Denker und engagierter Politiker dafür, dass eine bewusste Kulturpolitik von nicht nur der Entfremdung einzelner, sondern ganzer Bevölkerungsgruppen auszugehen habe, will sie etwas dem entgegensetzen, was eine ansonsten aufs Private nur noch ausgerichtete Wirtschaftspolitik zugunsten des Wettbewerbs auf dem freien Markt auslösen würde, wenn nicht durch Kultur beschränkt: nämlich das Austreiben von Leben aus der Gesellschaft.

Bei Beschränkung versteht jeder Künstler sofort das, was ihn oder sie kreativ macht, so bald nicht alles möglich ist, also wenn jeder alles mögliche artikulieren, darstellen oder beschreiben darf, dabei aber nicht Papier, Stein, Eisen usw., sondern nur Holz benutzen darf. Die Beschränkung auf Holz bringt das Kreative hervor. Auf Umwegen kommt die Artikulation zustande.

Ähnlich kommt die bewusste und somit offizielle Kulturpolitik Europas zustande, und zwar auf der Basis vielerlei Erfahrungen, in Respektierung der kulturellen Vielfalt Europas und was die legale Basis Europäischer Maßnahmen auszeichnet. Hier dann möchte ich es belassen und eher in der Diskussion weiteres erläutern wollen, vorausgesetzt dieser eine Ansatzpunkt ist klar für jeden: was ist nicht nur eine bewusste Kulturpolitik, sondern warum ist sie erforderlich.

Auf dem Umweg zur kreativen Bestimmungen von Kunst und Kultur als weitere Reflexion der EU Programme

Ausgehend also von der ersten Bitte, müsste ich sehr schnell auf kulturelle Ereignisse die im Zusammenhang mit z.B. dem Konzept der Kulturhauptstädte Europas entstehen, eingehen, z.B. Café 9, einem zwei Monatigen Projekt im Rahmen von Brüssel 2000, und zugleich Bezug u.a. auf das Kulturprogramme 2000, ein fünf Jähriges Rahmenprogramme der EU nehmen, um weiteres zum Thema kulturelles Erbe´als die gemeinsame Quelle Europäischer Identität sagen zu können.

Doch da hat sich in diese Bitte etwas weiteres eingeschlichen und zwar eine Qualifizierung der Bitte, nämlich das Thema Europa im Bezug auf Kunst und Kultur doch etwas verständlicher, also auch nachvollziehbarer zu machen. Das klingt als wäre die Sicht auf Europa durch etwas blockiert und darum das offizielle Kulturprogramme der EU nicht leicht verständlich, demnach auch nicht zugänglich.

Es ist also anzunehmen, dass mein Gastvortrag nur dann Sinn hätte wenn ein Beitrag zum weiteren Verständnis dessen, was Kunst und Kultur in Europa letztendlich auszeichnet. Gemeint bei Verständnisschwierigkeiten sind gewiss u.a. die Angst vor ganze 70 Seiten eines Europäischen Rahmenprogrammes, weil anscheinend zu kompliziert, so dass nur wenige das verstehen und folglich lediglich Experten sich daran machen, um kulturelle Projekte in Europa zu realisieren. Wenn das stimmt, und anscheinend bezeugt der geringe Anteil derjenigen, die an Europäischen Projekten teilnehmen, dass viele andere draußen vor bleiben, obwohl an Europa und Europäischer Zusammenarbeit interessiert, dann muss diese Frage des Verstehens aufgegriffen werden. Allerdings kann sich das Verstehen von Kunst und Kultur in Europa nicht allein auf das Ausfüllen von Anträgen reduzieren.

Gewiß bei Europa und Europäischer Integration stellen sich weitaus mehr Fragen, siehe allein die aufgenommene Arbeit der Europäischen Konvention. Hier handelt es sich um das jüngste Reformvorhaben der EU. Angestrebt mit diesem Entwurf einer möglich neuen Verfassung für Europa ist die Vereinbarung der bestehenden Grundrechte mit dem Maastricht Vertrag, woraus dann ein Verfassungsvertrag entstehen soll. Das dann berührt bereits einiges an diesem durchaus interessanten Thema, und zwar ob Paragraph 151 des Maastricht Vertrages beibehalten wird denn jener sieht vor, dass der EU im Rahmen der Komplementarität und Subsidiarität eine eigene Dimension zur Gestaltung von Kultur in Europa zusteht.

Mit anderen Worten, Verstehen der offiziellen Kulturprogramme Europas beinhaltet zugleich was darf und kann die EU in Ergänzung zu dem was Kommunen, Regionen und nationale Staaten als Mitglieder der EU bereits tun außerdem noch verwirklichen helfen. Die Betonung auf Hilfe bzw. Förderung verdeutlicht, dass die EU bis zu 100% Finanzierung in der Landwirtschaft, 75% beim Strukturfond (für Länder mit Zielsetzung 1 wie z.B. Griechenland oder Ostdeutschland) und nur 50% oder noch schlimmer weniger als 25% bei der Kultur beisteuern darf. Dies sagt ebenso viel aus als die Tatsache, dass im gesamten Haushaltsansatz der EU die Landwirtschaft 47%, der Strukturfond 37% aber die Kultur nur 0,2% ausmacht. Die Frage kann also durchaus gestellt werden: wie lässt sich das mit dem Bestreben Europa nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial, institutionell und darum ebenso geistig vereinigen, wenn Kultur so gut wie keine vorrangige Priorität unter sämtlichen Entscheidungsträgern, einschließlich das Europäische Parlament, die Kommission und der Rat genießt.

Als Michael D. Higgins für vier Jahre als Kulturminister Irlands im Ministerrat war, kam es nur zu einer Entscheidung von Bedeutung für ganz Europa. Ansonsten fristet die Kultur trotz mancherlei Anstrengungen in den letzten Jahren vor sich hin und der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments sieht sich ähnlich zu einem kleinen Milchbahnhof durch den die großen Intercity Züge donnern, aber niemals Halt machen. Ein Grund hierfür ist die geringe Bedeutung die Kultur im gesamten Haushalt einnimmt, aber auch die institutionelle Fortsetzung des alten Gedankens, dass Film und die Medien mit der Industrie-, nicht aber mit einer Kulturpolitik zu tun haben.

Da wären wir bereits bei der zweiten Bitte, dass dieser Gastvortrag etwas näheres zu den kulturpolitischen Reflexionen innerhalb des Kulturausschusses im Europäischen Parlaments aussagt als was allgemein bekannt ist, und zwar innerhalb des bislang verständlich gewordenen Bezuges auf Europäische Institutionen überhaupt. Schließlich kennen viele vermutlich Europa nur als Brüssel samt einer Kommission die einen angeblich unverständlichen Euro-Jargon pflegt und somit eben nicht verständlich ist, was aber nicht daran hindert, dass jeder doch Bescheid weiß wenn Deutschland einen blauen Brief wegen Überziehung der Staatsverschuldung über die 3% Grenze bekommt. Dann aber tauchen die Euro-Kritiker (sie unterscheiden sich von den konservativen Euro Skeptikern) auf und reden plötzlich von Kompetenzüberschreitungen der Kommission statt von der Bedeutung gemeinsam anerkannter Maßstäbe. Schließlich geht auch keiner auf den Marktplatz zum Einkaufen von Gemüse wenn nicht Vertrauen in Waage, Gewichte, Qualität und fairen Preisen (unter Einfluss des Wettbewerbs gesetzte) bestünde.

Also müssten Reflexionen des Kulturausschusses des Europäischen Parlamentes hierzu zur Sprache gebracht werden, weil eben das Setzen von Wertmaßstäben als Ausdruck von nicht nur Wirtschaft, sondern Kultur keineswegs so selbstverständlich weder lokal bezogen noch Europa oder International weit ist. Hierzu sagte dann auch der griechische Philosoph Cornelius Castoriadis warnend, dass Wertmaßstäbe gesetzt, aber nicht diskutiert werden und versuche darum einer dem anderen seine Wertmaßstäbe aufzudrängen, käme es gleich zu einem Gewaltausbruch. Wie also in Europa gemeinsame und für alle verbindliche Wertmaßstäbe entwickeln und finden, ohne dabei den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt in Europa zu gefährden. Auch das wäre bestimmt ein möglicher Ausgangspunkt für weitere Überlegungen zu diesem Thema Kultur und Politik in Europa, aber da haben wir schon den entscheidenden Unterschied: plötzlich redet jeder von der Politik während die Kunst zu Europäischen Fragen schweigt.

Bei der Ausgrenzung von Kunst als etwas internationales bedienen sich Politiker sehr gerne den Kulturbegriff dann, wenn Ihren Vorstellungen nach die Zugehörigkeit der Menschen zu bestimmten Konstellationen neu zu bestimmen ist. Das solche Bestimmungsversuche sich nicht mit einem offenen Kulturbegriff für den Einflusss anderer Kultur vereinbaren lassen, sei erstmals nur hier erwähnt, aber die jüngste Verwendung des Begriffes ´Kultur` von Giscard D´Estaing, um die Türkei von Europa auszugrenzen, besagt vielmehr als was hier Kultur zu meinen scheint: ähnliche oder gemeinsame Wertvorstellungen im Unterschied zu dem was Türken anscheinend glauben und demnach auch tun wollen, um das, was Kant mit sittlichen Vorstellungen´gemeint hat, auf ihre Weise zu verwirklichen z.B. mittels des Islamischen Glaubens.

Ich habe da zweierlei Schwierigkeiten mit diesem Versuch mittels des Begriffes Kultur Menschen sowohl ausgrenzen und noch deutlicher als zuvor auf naheliegendes begrenzen zu wollen. Zum einen gerät Kultur sehr schnell dadurch zu einer Grenz-ziehenden Unterscheidung mit der Gefahr diese Unterschiede als etwas absolut anderes erscheinen zu lassen und darum angesehen zu werden als etwas unüberwindbares oder nicht überbrückbares. Das kann sich übrigens u.a. auch auf die Friedensarbeit von Israelischen und Palästinensischen Frauen beziehen.

Das andere Problem ist dabei Kultur als Verständigungsmöglichkeit der Anderen derartig zu beschränken, dass die in der einen oder anderen Kultur lebenden Menschen zum Schluss gelangen sie könnten nicht mit den anderen reden. Solch eine Begrenzung zerstört vielmehr Kultur die sowohl den Dialog als auch das Verstehen des Fremden braucht, um überhaupt lebendig zu wirken und zu sein.

Umgekehrt ist es bezeichnend wenn eine Polin deshalb Gombrovicz liebt weil der nicht nur in Polen, sondern ebenso in Latein Amerika verstanden wird. Ferner eine auf Dialog aufbauende Kultur will gerade nicht die Wahrnehmung des Menschen auf eine innere Stimmigkeit kategorisch festlegen, sondern vielmehr ein differenziertes, somit reichhaltiges Selbstverständnis durch Infragestellens sowohl von Innen (die Anthropologische Fragestellung) als von Außen (die ethnologische Fragestellung) laut Michel Foucault erzielen.

Dabei ist es keinesfalls für Foucault selbstverständlich diese Spannung zwischen Innen und Außen aushalten zu können, aber wenn das nicht mehr gelingt, um so heftiger die Begrenzungen und die spürbar werdenden Verletzungen die die Menschen sich gegenseitig durch ausgrenzende Kategorisierungen des anderen gewollt, aber oftmals ungewollter Weise täglich zufügen. Allerdings kann heutzutage schon von einem gebrochenen Rassismus gesprochen werden, denn eine deutsche Hausfrau kann sehr wohl den Tunesischen Mann der einen Stock über sie lebt, gerne haben, nicht aber die Polin die ein Stockwerk tiefer anscheinend keinem anderen Gewerbe nachgeht als die der Prostitution.

Solche Geschichten sind zum Wegwerfen, sagt Sofia Yannatou in Athen, wenn damit verstanden wird sie können weiter als Partikelchen in der Luft herumschwirren und jederzeit abermals aufgegriffen werden.

Hier sei noch hinzufügen, dass die Politiker sowohl in Griechenland als auch in der Türkei plötzlich den Ereignissen hinterherliefen als nach einem Erdbeben in beiden Ländern die Menschen sich gegenseitig halfen und darüber verständigen konnten was eine wirkliche Bedrohung im Ernstfall ist, und zwar nicht die andere Kultur, sondern ein Staat der nur zuschaut während die Erde und damit das Haus bebt.

Ähnliches erlebten die Ost- und Westdeutschen im vergangenen August als die Überschwemmung auch etliche Vorbehalte zwischen Wessies und Ossies beseitigte.

In diesem nicht offenen Streit zwischen verschiedenen Kulturen ist es dann und gerade nach dem 11. September geradezu verwunderlich, dass die Amerikaner darauf drängen die EU solle die Türkei aufnehmen. Vermutlich tun die Amerikaner das allein schon wegen der Bedeutung die einer anderen Beziehung zur Islamischen Welt zukäme, sobald die Türkei sich den Gesetzen der Säkularisierung noch stärker als Mitglied der EU aussetzen müsste als bislang der Fall.

Wenn schon beim Problem welches die Westliche angeblich mit der Islamischen Welt und deren engen Verbindung von Religion und Kultur hat, dann ließe sich einiges aufzeigen, was im Umgang mit dem kulturellen Erbe deutlich wird. Es scheint als sei die Islamische Religion nicht gerade aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen, siehe die Zerstörung der Hindu Denkmäler durch die Talibans in Afghanistan. Doch hat nicht nur die Islamische Welt laut des Schriftstellers Naipaul mit der eigenen Geschichtsleugnung der Konvertierten ihre Probleme, sondern auch Europa muss sich noch mehr mit dem Verlust des Gedächtnis der Zivilisationen beschäftigen. Allein was die Kreuzritter in Konstantinopel anrichteten, aber hin bis zur Bücherverbrennung und der Zerstörung an Kulturlandschaften in den Jahren nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges zieht sich ein roter Faden, denn Gewalt gegen Menschen ist zugleich Zerstörung des Kulturerbes. Der Versuch einer willkürlichen Zerstörung entsteht weil beide zusammen an andere Existenzmöglichkeiten erinnern und darum im Widerspruch zur behaupteten Existenzform in der Gegenwart stehen. Wenn aber nicht so leicht zerstörbar, dann versucht die bestehende Gegenwart nichts anderes als zu propagieren diese anderen Menschen seien bloß des Ausschlusses wert bzw. jenes andere Kulturerbe bräuchte man gar nicht erst wahrnehmen, um die eigene Identität in Erfahrung zu bringen. Darum kann die neu errichtete Bibliothek in Alexandria, Ägypten daran erinnern, dass Lebendigkeit und Vielfalt da entsteht wo verschiedene Schichten kultureller Erfahrungen das Leben in den Städten und Imperiums die Haltung zum Menschen als Denker, Poet, Philosoph und verantwortlichen Bürger auszeichnet.

Damit kommen wir näher einer Bestimmung von Kunst und Kultur in Europa, und zwar angesichts dem was eine fatale Folge hat, wenn nur eine kulturelle Form dem Leben in Städten aber auch auf dem Land aufgeprägt wird – siehe die Zerstörung von Sarajevo, oder die Veränderungen in Thessaloniki seit 1922. Das kulturelle Problem der Selbstbestimmung, einmal politisch in extremistische Forderungen nach kultureller, gleich staatlicher Autonomie artikulieren die Basken, hatte aber als ethnischer Anspruch im ehemaligen Jugoslawien verheerende Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen. Darum ist es allemal wichtig von solch einem Diktum der Europäischen Integration auszugehen, das Komplexität vom Grad der Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen abhängig macht und gleichzeitig komplexe Zusammenhänge zwischen Kunst und Kultur nicht durch über vereinfachte Formeln und bloß symbolischen Zuordnungen zu ersetzen versucht, weil es dann eher grobe Missverständnisse als nur bloße Verständnisprobleme geben würde.

Wenn außerdem obendrein, wie hier in diesem Vortrag, von Adornos Diktum, nämlich das Einzige was an der Kunst und darum in der Kultur selbstverständlich sei, das nichts selbstverständlich ist, ausgegangen wird, dürfte es bereits jedem einleuchten, dass eine Thematisieren von Kunst und Kultur innerhalb von Europa mehr als nur eine bloße Perspektivistische Betrachtungsweise sein muss.

Da wären nämlich wichtig die Leitbilder der Antike, der Renaissance, der Aufklärung, der Moderne, ohne dabei behaupten zu wollen, hiermit vollständig die im 21zigsten Jahrhundert sich erzählenden und deutende Zusammenhänge von Kunst und Kultur in sämtlichen Europäischen Mitgliedsstaaten genannt zu haben.

Es wird stets von der kulturellen Vielfalt in Europa gesprochen. Gewiss Menschen in Antwerpen werden näher einer bestimmten Maltradition d.h. der Holländischen und Flämischen stehen, als vielleicht diejenigen die eine Vorliebe für die Impressionisten erwägen würden und dann doch bei einem Vincent Van Gogh landen.

Natürlich gibt es sehr unterschiedliche Komparatistische Ansätze um die Verschiedenheiten in Europas Kulturen begreifen zu lernen, z.B. mittels des Themas ´Gewalt und Poesie´ (Brendan Kennelly) wobei die Irische Befreiung von der Englischen Vorherrschaft just in der Zeit des Ersten Weltkrieges eine ganz andere poetische Logik im Umgang mit gewaltsamen Mythologien heraufbeschwor als was im restlichen Europa zur Abstraktion im Unterschied zur Empathie, also der Einfühlung (Worringer / Paul Klee bis hin zu Paul Celan) verleitete.

Dabei existieren innerhalb der jeweiligen Kultur enorme Unterschiede, z.B. bewegt sich die Irische Poesie zwischen den Polen von Seasmus Heaney und Brendan Kennelly auf eine neue Unterscheidung zwischen der Land- versus Stadtvergessenheit zu und bestätigt damit erneut, dass Unterschiede Erfahrungen auszeichnen, insbesondere wenn es um die Setzung der Tagesordnungspunkte für öffentliche Debatten handelt. Letzteres mag etwas befremdend anklingen doch Poesie vermag sehr wohl die Struktur der Artikulation zu beeinflussen und deshalb kommt es gerade darauf an welchen Qualitätszuwachs der öffentliche Diskurs durch das Hinzukommen der poetischen Reflexion – die sinnliche Besinnung auf einen Logos zur Orientierung für weitere Schritte – erfährt.

Doch wer kennt nicht die nahe und zugleich ferne Betrachtung eines James Joyces wenn es sich um Dublin handelt, um die Menschen nicht wie Odysseus nach 22 Jahren, sondern nach 24 Stunden in ihren Widersprüchen, aber auch Verlangen nach einem Selbstbewusstsein zu erkennen? Schließlich verbindet das die gesamte Europäische Kultur, nämlich ihr ständiger Versuch die Menschen mit einer neuen Darstellung des Wandels in der Zeit über die anstehenden Aufgaben, aber zugleich geltend zu machenden Maßstäbe zu informieren. Seit der Antike lautet diese poetische Weisheit, eine gerechte Gesellschaft herzustellen ist keine leichte Aufgabe und darum in Erwartung was kommen mag, bedarf es dazu gerechte Maßstäbe die imstande sind zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Utopie und Realität zu vermitteln. Nur so lasse sich nämlich Enttäuschung vermeiden ohne jedoch den Sinn für Gerechtigkeit zu verlieren, so bald die Wirklichkeit der Menschen näher betrachtet werden. Eine Vermeidung falscher Rückschlüsse und das Nicht Aufgeben gerechter Maßstäbe ist ja schließlich die Aufgabe von Kunst und Kultur schon immer gewesen und wurde darum unterschiedlich als Erbschaft dieser Zeit (Ernst Bloch) oder als Erinnerung an die Zukunft´(Habermas) zum Anteil des öffentlichen Diskurses und Streites gemacht. Dies dann deutet bereits eine Kontinuität über Epochen und Jahrhunderte hinweg, wenngleich das Europäische Selbstverständnis im kulturellen Sinne noch lange nicht die von ihr selbst ersehnten ´DIALEKTIK der SÄKULARISIERUNG` realisiert hat. Denn nach der Befreiung von der Bevormundung von Kunst und Kultur durch die Kirche steht ja noch die zweite Phase dieser Emanzipationsbestrebens aus: die Loslösen der Kunst und Kultur vom Staat, spezifischer Weise vom nationalen aber auch regionalen Staat, weil statt Masken die Menschen selber zueinander sprechen sollten. Schließlich ist der Anspruch auf Kultur in Europa mit Dialog verbunden und darum mit einer unmittelbaren Kooperation zwecks des weiteren Informieren was in Europa passiert und demnächst geschehen soll aber auch kann, wenn alle zusammen arbeiten.

Letztlich kommt noch ein weiterer Schwerpunkt hinzu: Einbindung in Europäische Entwicklungen war schon immer das Bemühen aller, ob nun Versailles von König Wilhelm nachgeahmt wurde, oder die Englische Philosophie des Empirismus auf dem Kontinent Schule machte. Diese gegenseitige Befruchtung wäre kein Problem, gäbe es nicht immer wieder diesen Konflikt der Ortsgebundenen oder lokalen Kräfte mit den sogenannten Europäischen oder Internationalen. So sei zu erinnern bei aller Betonung der Europäischen Dimension die im Austausch an unterschiedlichen Erfahrungen zum Tragen kommt, dass die Vorbehalte gegen den internationalen Austausch gerade wegen den Verständnisschwierigkeiten Bestand in Europa haben. Hierzu sei zu erinnern, dass der Bilderstreit des 5.Jahrhundert ein anderer war als zur Zeit der Raphael Schule im 16.Jahrhundert. Zum Beispiel bewegte in England Hogarth im Unterschied zu Reynolds die Frage, ob ein internationaler oder doch lieber ein einheimischer Künstler öffentliche Aufträge bekommen solle? Das Selbe wiederholte sich für Bart Verschaffel der die Literaturwerkstätten in Antwerpen leitete als in 1993 Kulturhauptstadt und Kritik von den einheimischen Schriftstellern erfuhr weil er so viele ausländische Kollegen eingeladen hatte. Dies ist nicht auf die bloße Frage, wer erhält die Aufträge, zu reduzieren, sondern welche Elemente tragen zum Selbstverständnis bei wo dann die Zeitmaßstäbe eine Rolle in der Entscheidung bei Architektenwettbewerbe spielen z.B. Kitsch als Maßstab beim Selektieren des Architekten für das Akropolis Museum in Athen.

Noch vieles mehr könnte gesagt werden, wo das lokale Maß nicht unbedingt das Sinnliche im Vergleich zum Abstrakten auszeichnet. Außerdem sollten nicht die Theaterleute in Berlin, Paris, London, Amsterdam oder Athen vergessen werden. Pina Bausch wird z.B. sehr in Griechenland geschätzt, hat dort der Tanz und insbesondere das Tanztheater insbesondere auf dem Tanz Festival in Kalamata zu immer neueren Formen gefunden.

Kurzum wer will also da noch behaupten, Kunst und Kultur in Europa bestünde aus nur einer einzigen Quelle an Kreativität und Inspiration, wenn es so viele unterschiedliche und durchaus sehr interessante Bezüge in den Bildenden Künsten, Theatern / Tänzen, Literatur / Übersetzungen, Musik und kulturellem Erbe gibt? Aber sind wir bereits bei dem sich eingrenzenden Kultur- und Kunstbegriff der Europäischen Union. Hier dann beginnt das Prekäre und die zweite Bitte.

Kulturelle Kooperation und kulturelle Beobachtungsstationen

Gegeben diese Einschränkungen – Prinzip der Subsidiarität – entwickelt sich die Europäische Union hin zu einem neuen Förderung Programm für weitere Kulturelle Kooperationen als Ergänzung zu den bereits bestehenden auf der Ebene der Mitgliedsstaaten und was die nationalen Kultureinrichtungen international aber oftmals nur bilateral bewirken. Hier deutet sich eine Veränderung an.

Philosophischer Leitsatz

Dabei ist nicht die Möglichkeit auszuschließen, dass wenn von Kunst und Kultur im Europäischen Kontext die Rede sein soll, ganz unterschiedliche Bedeutungen und kulturelle Wahrnehmungen beim Bezug auf Europa zum Vorschein kommen. Wichtig ist dann umso mehr den Kontext zum Verstehen des Gemeinten zu begreifen. Hier gilt es Europa erstmals zu bezeichnen als ein noch nicht voll und ganz selbst bestimmtes Land, eben weil ‘das Ganze das Unwahre sei’, um mit Adorno zu sprechen. Gleichzeitig verweist die Arbeit der Europäischen Konvention darauf, dass Europa als Kontinent im Begriff ist sich eine Verfassung zu geben. Hiermit werden zugleich bürgerliche als auch kulturelle Rechte angesprochen, wobei das deutsche Grundgesetz eine weitere kulturelle Freiheit garantiert, und zwar das Recht auf Entfaltung der freien Persönlichkeit. Das ist insofern wichtig weil Kunst und Kultur doch mit der schöpferischen Seite des Menschen im Unterschied zum produktiv Handelnden innerhalb gefragten Kategorien zu tun hat. Hier sei zu erinnern was K. Marx mit seinem Begriff des ‘menschlichen Selbstbewusstseins’ meinte, nämlich als Voraussetzung Für das Zustandebringen einer menschlichen Sprache Für die das Zusammenbringen der schöpferischen und produktiven Kategorien entscheidend ist. Jeder kennt dieses Gefühl wenn nur von Befehlen herum kommandiert, nicht aber als Mensch geachtet. Sollte dabei Kunst und Kultur eine Rolle spielen, dann um über sämtliche Entfremdungen hinauszukommen, weil erst in der Wahrnehmung dieses Bedürfnis nach menschlicher Stimme solch eine Entfaltung der freien Persönlichkeit beginnen kann.

Es ist also keinesfalls angebracht nur an die Verschleppung von Europa gleich jener griechischen Mythologie zu denken, denn soeben hörten wir von Giscard d’Estaing, dass die Türkei nicht zu Europa gehöre, schließlich leben 94% der Bevölkerung in Asien. Das erinnert an eine Aussage von Michel Foucault der einmal sagte, sobald der Europäer die Straße vom Bosporus überschreite, wäre er desorientiert und lange nachdem er nach Hause zurück gekehrt sei, bliebe er im Zustand einer Verwirrung. Giscard d’Estaing gebrauchte dabei in seinem Interview Für LeMonde den Begriff der Kultur um Unterschiede zu betonen, das heißt unvereinbare Unterschiede, so dann zieht er Grenzen die einmal überschritten zur Auflösung von Europa beitragen Würden. Besteht darum Europa aus der Aufrechterhaltung künstlicher Differenzen mit ganz bestimmten aber zugleich sehr verschiedene Möglichkeiten zur Diskriminierung Zumindest sei zu erinnern an was die alten Griechen von sich selbst im Unterschied zu den Barbaren hielten und was dann einen Polnischen Dichter Namens Zbiegniew Herbert dazu bewogen hat seine Reiseberichte von Italien und Griechenland mit folgendem Titel zu versehen: “Ein Barbar kommt in den Garten”?

      • Kunst und Kultur innerhalb von Europa

Ernst Bryll – Karl der Große: ein kulturelles Institut Für Europa: der beauftragte Polen ging durch Europa mit einer schwarzen Katze im Arm

Irland – Keltische Geschichte – Simon Mundy: viele Geschichten, vieles vergessen und eine gewisse Schizophrenie zwischen der Europäischen Ebene und der lokal- regionalen

Ungleichzeitigkeit seit Hölderlin

Das Problem von Poesie und Gewalt – Brendan Kennelly

Prekär empfanden die Iren ihre kulturelle Identitätssuche bzw. Wunsch nach Beibehaltung einer bestimmten Identität angesichts der langen Belagerung durch die Engländer. Das verleitete dazu dass ein blutiger Befreiungskampf genau in der Zeit des Ersten Weltkrieges als Mythos in die Irische Literatur und nicht nur da einging und darum der Gewalt eine andere Bedeutung bis heute gibt als was viele Künstler, vor ab jemand wie Paul Klee seit dem Ersten Weltkrieg durch ihre Kunst auszudrücken versuchten oder vielmehr es nicht mehr vermochten weil die Dinge nur noch abstrakt zu vermitteln waren.

Wenn also Worringer in seiner These zu Beginn des 20zigsten Jahrhunderts über die drohende Spaltung der Kunst und Kultur in zwei Strömungen schreiben konnte, und zwar unter dem Titel ‘Abstraktion und Einfühlung, dann wäre es zumindest zu Beginn des 21zigsten Jahrhunderts darüber nachzudenken, was aus der prekären Lage Für Kunst und Kultur im Kontext von Europa noch folgen wird. Dies dann soll im Umriss einige gedankliche Skizzen in diesem Gastvortrag ermöglichen.

Darum sei hier festzuhalten, dass es kulturelle Differenzen gibt im Verstehen von Gewaltfreiheit als Voraussetzung von Kultur die den Menschen ein freies Selbstverständnis gibt – Freiheit von Mythen und Legenden die das Bewusstsein entstellen und es stets auf falsche Ebenen – der nationale Epos – schwingen lässt.

Falsche Interpretationen von Kunst und Kultur haben die Entwicklung zum Nationalstaat immer begleitet z.B. Idealisierung des Menschen aber eine harte Politik der Verneinung des Menschen in Wirklichkeit wenn er nicht in die festgelegten Kategorien passt.

Verehrung von Griechenland, aber was nicht gesehen wird und doch zur Antike gehört: ‘metron’, der Maßstab Mensch Für was noch werden wird – the Tasks ahead and to bring about the just society no easy task – Gerechtigkeit: zwischen Anspruch und dem Möglichen praktisch zu vermitteln – der Fremde und seine Götter als Frage wird er alle auf primitivere Rituale zurückwerfen wenn er die Verehrung seiner Götter in das Stadtleben einführt? Wie misst man kulturellen Fortschritt wenn die Kunst nicht den Begriff Fortschritt kennt?

Adorno – nach 1945: das Selbstverständnis in Kunst und Kultur eben kein Selbstverständnis – das verdrängte als auch gespaltene Leben – Europa nach den vielen Kriegen auf dem Weg zu einem wirtschaftlichen Einigungsprozess, aber ohne die Kultur(en) miteinzubeziehen

Das Aufbegehren z.B. der Regionen – die Basken, Schotten, Iren, Flandern usw. – bis Kultur zu einem wichtigen Schlüssel wurde Für die Verteilung der neu zugänglich gewordenen Ressourcen – der Extra Wert der Europäischen Einigung – Komitee der Regionen, aber auch viele neue Ansätze zum Nachdenken über Kultur – vor ab der Europäische Rat in Straßburg

Michael D. Higgins: eine freie Marktwirtschaftt ohne einer bewussten Kulturpolitik wird das Leben austreiben – Interreg Forum in Berlin: die Verwüstung der inneren Städte weil dort nicht investiert wird – OECD:Regierungsfähigkeit der Städte / governance / oder wenn der kulturelle Konsenses der zivilen Gesellschaft nicht mehr zählt z.B. Paris und die Schichten der Armut, der Ausgesperrten und der in ihrem Schicksal Gefangenen: wollen wir nur Städte des Konsums und der Konsumenten – was ist also seit Benjamins Flaneur geworden? Gelten gar keine anderen Menschen mehr? Bunel ‘obskure Objekt der Begierde’ und was von Terror begleitet wird, weil die Gesellschaft keine Wahrheit mehr kennt.

Die Europäische Schildkröte

Bei allen Diskussionen in Europa spielt der Blick auf Amerika eine Rolle und zwar in der Absicht einer Betonung der bestehenden Unterschiede in Europa. Sie treten hervor sobald die Realisierung von Integration und Erweiterung nicht mehr allein auf wirtschaftliche Faktoren bauen kann. Das wird sehr deutlich wenn Befürworter von Europa auf die existierenden kulturellen Verschiedenheiten verweisen und damit ein anderes Entwicklungsmodel zum Amerikanischen meinen, sprich dem ‘melting pot’ oder Schmelztiegel, in Zukunft realisieren zu Können. Viele Beschränkungen die der Europäischen Union in Angelegenheit von Kultur im Unterschied zur Landwirtschaft, Industrie (einschließlich die Medien), Sicherheit und Außenpolitik auferlegt werden, stammen von diesem Wunsch die kulturelle Vielfalt in Europa bewahren zu wollen.

Subsidiaritätsprinzip

Dieses Grundziel spiegelt sich wieder im geltenden Subsidiaritätsprinzip worüber noch mehr zu sagen sein wird, aber zunächst nur dieses. Kultur wird in Europa fast ausschließlich dem Verlangen der Mitgliedsstaaten die eigene Souveränität weiter durch Bewahrung der eigenen kulturellen Identität untergeordnet, wenn nicht sogar geopfert. Daraus rührt, aber nicht ausschließlich das Prekäre an der Kunst und Kultur im Europäischen Kontext. Dies wird noch weiter zu thematisieren sein wenn die Rolle von Kunst und Kultur im Informationszeitalter als Imagepflege besprochen wird.

      • Offizielle Kulturprogramme der EG

Die Drei Programme vor 2000:

Kaleidoskop, Raphael, Adriane

Kultur 2000 – jedes Jahr eine neue Priorität / in 2002: Performances / Theater - Tanz

CONNECT – ausgelöst durch die Reform der EU (u.a. der Zusammenschluss von Kultur und Erziehung, zeichnet sich seit dem Abschluss dieses Programmes eine Tendenz der Kommission hin zur Förderung von Erziehungsprojekten weil erfolgreicher als kulturelle. ‘Erfolg’ muss immer zu aller erst aus der Perspektive des Management, einschließlich der Abrechnungsmöglichkeit erfolgen.

Konzept der Kulturhauptstädte Für ein Jahr / ein Monat – seit Melina Mercouri sehr erfolgreich – Spyros Mercouris – Bob Palmer – Max Aufischer – Weimar, aber auch Thessaloniki – im Jahre 2000 war Brüssel dran und hier machte Bob Palmer und sein Team besondere Erfahrungen z.B. Café 9 : sehr wichtig war Kunst und Kultur als Stadtteil bezogene Projekterfahrung zu begreifen, viele der in diesem Institut vorzufindenden Praktika Können sich durchaus darin wiederfinden – das geht einher mit Kirchen die fürs Theater genutzt werden: Leerräume die mit neuer Bedeutung gefüllt sind und damit die Barriere des Heilig gewordenen Bedeutungssinnes überschreiten, und vor allem in Reflexion des Verhältnis von Kultur und wirtschaftlicher Entwicklung sicher zu gehen dass der Kunst ihre Eigenständigkeit, sprich Autonomie und Gestaltungs- oder Schöpfungsqualität erhalten bleibt. Bob schaffte etwas in Brüssel was niemand Für möglich gehalten hatte: die zerstrittenen Kulturblöcke – Walloonen und Flandern – zusammenzubringen, um damit eine bestimmte ‘ethnische Behauptung’ zu überwinden (siehe das Problem des Flämischen Blocks: Verwendung von Kultur als symbolische Deklaration der Eigenständigkeit dochh das Problem hier ist vor allem eines: nicht jede Stadt verfügt über solche Ressourcen die dem Konzept gerecht werden Können, weil es doch eine ganz andere Größenordnung ist wenn eine Kulturhauptstadt : Bart Verschaffel – siehe Antwerpen: Literatur – siehe Berlin 1987 :Hassemerr – von derSkulptur Boulevardrd bis zur Wandlung des Potsdamer Platzes – Wahrung der Vorübergehenden Symbolik industrieller, militärischer und politischer Mächte, aber bloß Vorübergehende während die Stadt – Lewis Mumford – bleibt, aber wie, mit welchen Leerstellen?

    • Ihre Ausrichtung auf das kulturelle Erbe

Infolge eines Konsenses kam es zur Grundorientierung am Begriff des kulturellen Erbes – die EU darf hier eher tätig werden, als in den aktiven Ausdrucksformen von Kunst und Kultur. Nach dem UNESCO Verfahrensprinzip, wonach Anerkennung eines Kulturerbes von Weltrang möglich wird, folgte der Europäische Rat diesem Sinn Für das Bewahren und Fördern des kulturellen Erbes.

Raphael – kulturelles Erbe

2000 – im Jahr 2003 wird die Priorität kulturelles Erbe sein

1995 die Palermo Deklaration zur Wahrung und Förderung des kulturellen Erbes als Quelle der gemeinsamen Europäischen Identität – z.B. Spyros Mercouris: Antiken Theater – aber immer noch keine gehbare Brücke zwischen dem Sprechen über die Kunst und Kunst machen

 

ERDF – Artikel 10: innovative Aktionen im kulturellen Sektor

CIED

Als wir das Europäische Projekt CIED (Cultural Innovation and Economic Development) innerhalb des Rahmenprogrammes ERDF – Artikel 10 in 1996 starteten, riet uns dann auch der Irische Dichter Brendan Kennelly für den Orientierungsrahmen das Ziel „zu lernen wie Kultur zu nutzen, aber nicht auszunutzen ist“. Prekär ist also all das, was dicht beisammen gehen kann und wo doch enorme Unterschiede bestehen, vorausgesetzt das Bewusstsein wird nicht durch eine fatale Rationalisierungspolitik korrumpiert und Kultur immer noch als theoretische Wahrnehmungsmöglichkeit wie Menschen leben, sprechen, arbeiten usw. verstehbar bleibt selbst dann wenn noch andere Definitionen von Kultur hinzukommen z.B. James Cliffords ´Predicament of Culture`.

Differenz zwischen dem industriellen und sonstigen kulturellem Erbe (siehe hier auch die Diskussion in Deutschland mit Antje Vollmer)

Digitalisierung des kulturellen Erbes: verlorene Gedächtnis der Zivilisationen – Freuds Erinnerungsspur / Zweigs ´Sternstunde der Menschheit` und das Schicksal der großen Bibliotheken in Konstantinopel und Alexandria – die neue Bibliothek in Ägypten als aufgehende Sonne

Interreg CADSES B: Antrag für Priorität 3 – kulturelles Erbe

Praktisches Beispiel eines Europäischen Projektes:

Stifung Klassik – Volos – neue Gesetze zur Bestimmung welche Gebäude kommen auf die Liste der zu schützenden und zu fördernden Denkmäler – das Herder Gebäude in Weimar und die bewusste Kulturpolitik des neuen Präsidenten der Stiftung Klassik: Herr Seemann der von Goethe zu Wielandt ein anderes klassisches Erbe mit Europäischer Dimension hervorheben will.

Kulturelles Erbe
”Ich könnte sicherlich insbesondere zu den kulturellen Fragen im Zusammenhang mit Städtebau und Architektur, d.h. zur Frage der Baukultur, besonders natürlich auch zum Denkmalschutz und zur Denkmalpflege, einiges beitragen.” 
Jürgen Eckhardt, Vichel, 19.11.2002

 

Kultur Komitee des E.P. – Transplantation der Institutionen - European agenda for culture

Tagesordnungspunkte

Berichte

Wer bekommt solche Berichte

Andere Komitees – industrielle: Medien- und Filmpolitik

Praktische Erfahrungen:

Kindermissbrauch im Sextourismuseum

A-Linie zur Förderung Europäischer Netzwerke im Unterschied zur B Linie

Finanzielle Kontrolle seit dem Abgang von Santer

Berichte der Kommission

Wichtige Entwicklung: Ruffolo Bericht

Vergleich der Kulturpolitik sämtlicher Länder und Regionen

Auftrag für ein neues dreijähriges Programm zur kulturellen Kooperation

Doping

Film

Methode zum Vergleich: Anpassung an EU Richtlinien / EU Normen und eigene d.h. nationale Gesetze z.B. Victim / Opfer – Rechtsanpassung oder doch die kulturellen Differenzen belassen – das Durcharbeiten der Widersprüche - ´aktives Bürgerrecht` - active citizenship – Teilnahme an Europäischen Prozessen

Informationspolitik und demokratische Glaubwürdigkeit Europäischer Institutionen

Wertprämisse der Europäische Union: Soziale Kohäsion – Sozialer Zusammenhalt

Ästhetische Spannungen / das Zusammengehen verschiedener Überzeugung und Verpflichtigungsebenen

Das Problem in einer Gesellschaft bestehend aus dem Delegationsprinzip (z.B. ein Arbeiter: “Du hast studiert, also Du sagst es!”) verschärft sich sobald die EU Integration bloß den Beamten überlassen bleibt, und zwar jenen die die EU Programme verwalten sollen. Damit bleibt das aus, was jedem EU Projekt abverlangt wird: Dissemination der Ergebnisse, wobei konkrete Resultate (eine gebaute Brücke, das restaurierte historische Denkmal) nur einer der Ergebnisse sind; andere beziehen sich vielmehr auf Erfahrungen die sich aus dem Lernprozess im internationalen Zusammenarbeiten ergeben. Oft wird versäumt das transparent zu machen, wie auf gemeinsame Begriffe doch kulturell verschieden reagiert wird eben weil der Kontext zählt in dem die Interpretation zur Anwendungsmöglichkeit erfolgt.

Stimmen in Deutschland: nur ein Missverständnis?

Als CIRCLE einen READER Für eine Konferenz in Kanada erstellte (wo insbesondere die Politik auf das kulturelle Erbe gerichtet ist zur Wahrung der kanadischen im Unterschied zur Amerikanischen Identität), und zwar zum Thema “Making Connections: Culture and Social Cohesion in the New Millennium”, schrieb Andreas Wiesand Für Deutschland:

Es gäbe vielfaches darauf zu sagen zumal ‘politischer Geschmack’ durchaus ein wichtiger Aspekt in Überlegungen zur Übernahme oder nicht ‘fremder Begriffe’ (bereits Adorno sagte in ‘Minimal Moralia’ “Fremdwörter sind die Juden der deutschen Sprache) sein kann wenn entsprechend gewendet. Als in Italien Aldo Moro von der Roten Brigade entführt und später getötet wurde, fanden auf den Piazzas der italienischen Städte sehr viele politische Versammlungen statt, die Menschen diskutierten aufgeregt über das wie und warum, als plötzlich einer von ihnen laut sagte: ‘Leute, warum regt ihr Euch denn so auf, schau doch, wir arbeiten so dass das Essen auf den Tisch kommt und der politische Geschmack bestimmt die Richtung’. Was also aus der Parole ‘was Euch gefällt’ gemacht werden kann, hier kommen zusammen systematische Ausgrenzungen des Fremden und des Anderen, wobei es dann nicht genügt nur von ‘Vorurteilen’ zu reden, denn welche die eine geschlossenen Gesellschaft kennzeichnen, müsse hier noch genauer gesagt werden. Aber das Erschreckende hinter diesem Vorurteil gegenüber Theorie ist eine kulturelle Blindheit und damit auch Kennzeichen eines bestimmten Wertverlustes, oder vielmehr es kann ja gar nicht als Wertverlust eingestuft werden wenn das Andere gar nicht vermisst wird. Kurzum eine Gesellschaft bzw. das System hat zu funktionieren, und vor allem die Züge müssen pünktlich ankommen und losfahren, so dass der Begriff der Ordnung hier einen Zuspruch findet. Doch wie funktioniert der einzelne Mensch im Ganzen? Doch eher so dass er oder sie sich mit dem anderen auf der Grundlage u.a. von bestimmten Wertprämissen verständigen kann. Also sollte das Innovative an Europäischen Begriffen und dementsprechenden Zielsetzungen ihrer Programme nicht länger verkannt werden.

Europäische Konvention – neue Verfassung

Entscheidend wird sein ob die demokratische Legitimation des Europäischen Parlaments eine klare d.h. souveräne Basis durch die neue Verfassungsgebung erfährt und zugleich der Europäische Haushalt von eben diesem Parlament aus bestimmt wird. Die Kaufkraft des EURO ist heute nur eine psychologisch bestimmte Tatsache, mehr aber auch nicht. Die Schwierigkeit gerade bei einer allein bestimmenden Zentralbank zu einer bewussten Kulturpolitik auf Europäischer Ebene zu kommen, dürfte dabei allen klar sein.

Kulturelle Rechte

Recht auf Entfaltung der eigenen Persönlichkeit (deutsches Grundgesetz)

Rechte des einzelnen im Vergleich zu Institutionen, Organisationen, Betriebe

Der Rechtsraum und der Raumbegriff als solches (seit Hegel)

 

Eigene Beiträge und Reflexionen

Die Rede von Joschka Fischer

Was braucht Europa

Kulturelle Wahrnehmung

Reform der Kommission

Die Arbeit der Konvention und der Dialog mit der Zivilgesellschaft

Die Kulturelle Dimension der zukünftigen Verfassung Europas (eine Konferenz die von POIEIN KAI PRATTEIN in Athen geplant ist).

Eine Stimme dazu aus Deutschland

”vor einigen Tagen las ich einen Zeitungsartikel, in dem die Schwierigkeiten bei
der Entwicklung einer amerikanischen Verfassung mit den voraussichtlichen
Problemen bei der Erarbeitung einer europäischen Verfassung ins Verhältnis
gesetzt wurden. Ein Ergebnis des Artikels war, dass es wahrscheinlich gar keine
gemeinsame Verfassung geben werde, weil die Probleme um ein Vielfaches größer
seien bei etwa 20 Staaten und 400 Mio. Einwohnern als im damaligen Amerika mit 14 Staaten und etwa vier Millionen Einwohnern. Ich halte diesen Einwand für
einfältig. Zwar sind insbesondere die kulturellen Unterschiede zwischen den
europäischen Staaten der Gemeinschaft noch groß, aber die kulturellen
Differenzen zwischen z.B. französischen Einwanderern und deutschen Einwanderern nach Amerika waren sicherlich um ein Vielfaches erheblicher.
Es wird also m.E. eine europäische Konvention geben. Die Frage ist nur, mit
welchen Inhalten.
Heute ist bedeutend, dass die Ökonomie, insbesondere im Zusammenhang der
Globalisierungsentwicklung, einen ganz anderen Stellenwert für Denken und
Verhalten einnimmt. Das Bewusstsein der Menschen für kulturelle Zusammenhänge wird vielfach überlagert von Ereignissen des täglichen Geschehens, die sehr stark dominiert sind von sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Und diese wiederum werden nicht in einen gesellschaftlich-gedanklichen Zusammenhang mit kulturellen Fragen und Werten gebracht.
Die Politik in Deutschland und der Staat als Verwaltung hat wenig Interesse, die
Kulturdebatte zu führen und wirkt eher im Sinne einer Verschleierung und
Verklärung der wahren kulturellen Verhältnisse, im Sinne der Auffassung, es gäbe
schon fast keine kulturellen Fragen mehr zu diskutieren, weil dieses Europa
nicht nur eine "Zivilgesellschaft" sei, sondern auch eine Gesellschaft, die
quasi wie selbstverständlich ihre "gemeinsamen" kulturellen Werte bewahren
werde.
Eine intensive Auseinandersetzung mit Fragen der europäischen kulturellen Werte,
deren Sicherung, Entwicklung und Stabilisierung in allen Bereichen, halte ich
daher für außerordentlich bedeutsam. Es ist das eigentliche Thema von CIED und,
wenn ich die Inhalte von Poiein Kai Prattein (PKP) richtig interpretiere, auch
von PKP.”
Juergen Eckhardt, Vichel, 19.11.2002

siehe www.european-convention.eu.int/docs/sessplan/00369.en2.pdf

Deutsche Kulturpolitik – Koalitionsvereinbarung

“Wie gering die Bedeutung der Kultur, der Kulturförderung und der kulturellen
Vielfalt in Deutschland zur Zeit ist, zeigt auch die Koalitionsvereinbarung der
SPD und der Grünen. Als ob Kultur tatsächlich, nach der Entwicklung, die
Deutschland in den vergangenen zwölf Jahren gemacht hat, noch immer
hauptsächlich eine Sache der Bundesländer wäre. Es ist ein Hohn, wenn das
Kulturförderprogramm für die neuen Länder mit 30 MIO ? ausgestattet wird.
In der Vereinbarung wird gefordert," Wissen über Umwelt, Gesellschaft, Kultur,
Wirtschaft und Technik in einen produktiven Zusammenhang zu bringen und für
gesellschaftliche Handlungsstrategien nutzbar zu machen". Dieses sei "die
Herausforderung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung." Kein Wort über den
Begriff von Kultur.
Erstaunlich ist der Satz, dass eine "Qualitätsoffensive bei der Baukultur"
geplant sei und die "Baukultur in Deutschland gestärkt" werden solle. Dazu soll
eine Stiftung Baukultur aufgebaut werde.
Im Zusammenhang des Dialogs mit den Kirchen wird von interkulturellem und
interreligiösem Dialog gesprochen. 
Ein Begriff von Kultur wird auch nicht unter der Rubrik Kultur- und
Medienpolitik entwickelt oder dargestellt. Im einzelnen sollte dieser und der
Abschnitt zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik von uns analysiert werden.”
Jürgen Eckhardt, Vichel, 19.11.2002

Praktische Beispiele oder nur anschauen aber nicht berühren

Ausschuss für Kultur und Medien am 13.11.2002
BEGRIFF DER "KULTURVERTRÄGLICHKEIT" IM AUSSCHUSS KONTROVERS DISKUTIERT

Berlin: (hib/WOL) "Kulturverträglichkeit heißt, dass die Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien an der Abfassung aller Gesetze
beteiligt wird".
Dies erklärte die neue Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina
Weiss (parteilos) in der Öffentlichen Sitzung des Kulturausschusses am
Mittwochabend zur CDU/CSU-Frage, ob mit "Kulturverträglichkeit" auch die
Zuwanderung oder die EU-Mitgliedschaft eines Landes geprüft werde. Dies
ergebe sich aus dem Selbstverständnis des BKM als Querschnitt-Ministerium.
Beim Urheberrecht sei die Situation "haarscharf" gewesen und auch bei der
Spendenabzugsfähigkeit für Stiftungen sei es gerade eben noch gelungen, die
Betroffenen vor negativen Folgen zu bewahren und damit Konsequenzen zu
vermeiden, die von niemandem gewollt gewesen wären.
Die Haushaltssituation, ein sehr begrenzter eigener Etat und die föderative
Struktur der Bundesrepublik zwängen nicht nur das BKM, sondern auch die
anderen Beteiligten, Kooperationsbereitschaft mit den Partnern zu
zeigen.Gleichzeitig biete sich mit dem 1998 geschaffenen Instrument des
Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien auch die Chance, im Ausland
und vor allem in der EU das Gesicht des deutschen Partners zu zeigen und
Ansprechpartner zu sein.
Als moderierend, präsentierend und missionierend bezeichnete Weiss deshalb
ihre Tätigkeit. Die Fragen der Ausschussmitglieder konzentrierten sich auf
eine lange Liste der von der Staatsministerin übernommenen Aufgaben und dem
Stand drei Wochen nach Amtsantritt. Zur Filmförderung legte die Ministerin
dar, sie sei dem französischen Quotenmodell näher gekommen.
Die Zielsetzung der Förderung dürfe nicht allein vom Markt bestimmt werden,
weil der Markt dies allein auch nicht reguliere. Zum
Hauptstadtkulturvertrag äußerte Weiss, er habe sich bewährt und solle
fortgesetzt werden. Zu prüfen sei aber die Finanzierung. Sie trete dafür
ein, bestimmte Einrichtungen lieber ganz zu übernehmen, als ungewisse
Mischfinanzierungen einzugehen.
Es mache aber keinen Sinn, eine komplette Oper zu übernehmen, die überhaupt
nicht strukturiert sei. Verständnis zeigte Weiss aus ihrer Hamburger
Erfahrung für föderative Sorgen. Berlin als Hauptstadt sei eine knallharte
Konkurrenz für die Länder. Gleichzeitig seien Organisation und Strukturen der Berliner Kulturinstitutionen nicht leichter zu reformieren als sonst wo.
Auf die SPD-Frage zum Umgang mit Föderalismus und zum Unionsvorschlag einer Entflechtung der Instrumente erwiderte die Ministerin, bei der Förderung oder dem Subventionsabbau zur Haushaltskonsolidierung gehe es weniger um Entflechtung als um Systematisierung. Maßnahmen könnten
nicht erfolgreich sein, wenn ganze Bereiche undifferenziert blieben.
Im Musikrat wolle man sich engagieren, aber auch hier sei eine strukturelle
Neuordnung und eine klare Aufsichtsfunktion erforderlich.
Widerspruch erntete Weiss mit ihrem Vorschlag zur Nutzung des
Schlossplatzes. Die CDU/CSU forderte vom BKM eine umgehende Planungsvorlage
zur Umsetzung der Parlamentsentscheidung im Juli für die historische
Wiederherstellung des Berliner Stadtschlosses und kritisierte die in den
Medien verbreitete BKM-Position einer Zwischennutzung für den Palast der
Republik.
Dazu erklärte Weiss, ein Abriss des gerade sanierten Palastes der Republik
sei nicht wirklich sinnvoll und eine vernünftige Nutzung sollte in Betracht
gezogen werden. Der Neubau des Stadtschlosses könne erst begonnen werden,
wenn seine Finanzierung gesichert sei.
Zur Unions-Kritik verzögerter Bundesmittel für die Stiftung Weimarer
Klassik verwies Weiss auf den Vertrag zwischen Weimar und dem Bund. Hier
sei "Weimar in der Pflicht". Ähnlich sei es bei Hohenschönhausen. Auch dort
könne die 50-Prozent-Finanzierung aus dem Haushalt erst erfolgen, wenn ein
Konzept zur Realisierung und Nutzung vorliege.
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Kulturelle Kooperation

Theater- Subventionstheater
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Süddeutsche Zeitung vom 13.11.2002
Im Prinzip Hoffnung
Zur katastrophalen Lage und Zukunft unserer Subventionstheater

Heute werden die deutschen Steuerschätzungen veröffentlicht und damit auch
die Weichen gestellt für die Zukunft des weltweit in seinem Reichtum und
seiner Massierung einmaligen deutschen Stadt- und Staatstheatersystems, das
von der öffentlichen Hand betrieben wird. Da von dieser Schätzung
katastrophale Werte erwartet werden, könnte die Folge auch für die Theater
katastrophal sein. Nicht zuletzt, weil die Gewerkschaft Verdi für die am
Freitag beginnenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst
mindestens drei Prozent Lohnerhöhungen gefordert hat. Der Finanzbedarf der
Theater ist enorm. In der Spielzeit 2000/2001 wurde jedes der von den
Theatern verkauften Tickets, knapp über 22 Millionen, mit durchschnittlich
90 Euro gefördert. Insgesamt gab die öffentliche Hand für ihre 150 Theater,
die 728 Spielstätten betreiben, über zwei Milliarden Euro aus, während die
Theater knapp 36 Millionen Euro selbst erwirtschafteten, was 18 Prozent
ihrer Etats entspricht.

Diese zwei Milliarden Euro wecken jetzt natürlich Begehrlichkeiten. Oft
wird so getan, als müsste man nur die Kultursubventionen abschaffen, um das
Land wieder wirtschaftlich fit zu machen. Zwar gibt die öffentliche Hand
jährlich acht Milliarden Euro für die Kultur aus, aber das ist nicht einmal
ein Prozent der öffentlichen Gesamtaufwendungen in Höhe von einer Billiarde
Euro. Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen: Der Etat der Stadt Berlin
beträgt heuer 21 Milliarden Euro, wovon fast ein Drittel durch
Neuverschuldung aufgebraucht werden. Insgesamt hat die Stadt 46 Milliarden
Euro Schulden, wofür täglich über sechs Millionen Euro an Zinsen gezahlt
werden. Die drei Berliner Opernhäuser kosten 125 Millionen Euro. Dieses
Geld würde gerade ausreichen, um 21 Tage lang die Zinsen zu zahlen. Berlin
hätte also kaum etwas davon, ein Opernhaus zu schließen. Nur den
Imageschaden. Den aber fürchten deutsche Politiker wie die Pest, und
deshalb werden Theaterschließungen eher die Ausnahme bleiben. Statt dessen wird wie bisher versucht werden, die Theater bis zum Kollaps runter zu sparen. Kultur und Wertschöpfung Dass die Kunstsubventionen immer kritisiert werden, liegt auch daran, dass kaum jemand um die Gründe und die Vorteile dieses Systems weiß. Daran sind
die Theatermacher oft selber schuld. Allzu lange wurden nur die Argumente
des Bildungsbürgertums wiederholt, wurde vom Kulturauftrag gefaselt, vom hohen Wert der Hochkultur, vom notwendigen Luxus. Dabei sieht die
Wirklichkeit der Zahlen sehr viel überzeugender aus. Eine Studie zur Oper
Bonn aus dem Jahr 1998 zeigt auf, dass das Haus 17 Millionen Euro an
Subventionen erhielt, von denen 5,5 Millionen als Steuern an die
Öffentlichkeit zurückflossen, und es gleichzeitig zu einer wirtschaftlichen
Wertschöpfung von fast 34 Millionen Euro kam. Bonn ist kein Einzelfall, und
grundsätzlich gilt, dass sich die Förderung von Hochkultur für Städte,
Regionen und Länder wirtschaftlich auszahlt - ganz abgesehen von
Standortvorteilen, Imagebildung, Werbeeffekten, Attraktivität,
Identitätsstiftung. Kürzungen in diesem Bereich sind deshalb wirtschaftlich
falsch.
Dennoch müssen die Theater wie alle anderen Einrichtungen sparen. Doch sind
die Möglichkeiten dazu oft nicht groß, weil in den letzten Jahren häufig
schon massiv und überproportional eingespart wurde. So haben die deutschen
Bühnen in den letzten fünf Jahren ihr Personal schon um fast 6000
Beschäftige auf jetzt knapp 40000 Mitarbeiter abgebaut. Die Semperoper in
Dresden kann mit 35 Millionen Euro Subventionen ihre Fixkosten nicht
decken. Seit 1993 hat das Staatstheater Stuttgart fast 13 Millionen Euro an
Subventionen eingebüßt, das sind knapp 20 Prozent des derzeitigen Etats. In
Frankfurt, das 2004 die Experimentierbühne TAT sowie das Ballett schließt,
werden in den nächsten vier Jahren 16 Prozent der jetzigen Zuschüsse
wegfallen. Eine Möglichkeit zum Sparen besteht in der Reduzierung des
Bühnen- und Verwaltungspersonals. Viele Theaterchefs versuchen derzeit
herauszufinden, wie man interne Abläufe verbessern kann, welche Synergien
bisher ungenutzt blieben, was sich durch Zusammenlegungen einsparen ließe.

Bei den künstlerischen Etats zu sparen, dürfte sich jedoch kaum lohnen.
Denn gut 85 Prozent der Kosten entfallen auf die fest Angestellten, egal,
wie oft ein Haus spielt, wie gut seine Aufführungen sind. So ist es in
Frankfurt genauso teuer, 150 oder 200 Aufführungen zu spielen. Als Günter
Krämer Mitte der neunziger Jahre Generalintendant in Köln wurde und aus
Kostengründen die Aufführungszahl reduzierte, sank die Auslastung in der
Oper - je kleiner das Angebot, umso kleiner das Publikumsinteresse.

Schmerzgrenze Domingo

Ein Lieblingssatz von Peter Jonas, dem Intendanten der Bayerischen
Staatsoper, lautet: "Wer mehr einnehmen will, muss mehr ausgeben." So
verlangte Plácido Domingo für einen Kölner Auftritt Anfang der neunziger
Jahre 40000 Euro. Eine Sängerin und ein Fremdorchester (das eigene war auf
Tournee) mussten zusätzlich engagiert werden, doch am Ende kam die Oper auf
ein Einnahmeplus (!) von 100000 Euro. Solche Events sind allerdings die
Ausnahme. Schon deshalb, weil die Kartenpreise nach Einschätzung von
Experten bereits die Schmerzgrenze erreicht haben. Die teuersten
Premierenkarten kosteten 2000/2001 in München 185 Euro, aber solch ein
extrem teurer Spitzenpreis ist nur in der bayerischen Hauptstadt möglich.
Der Großteil der Häuser verlangt für die teuersten Karten meist deutlich
unter 100 Euro. Das geht kaum anders, weil die öffentliche Unterstützung
auch eine soziale Verpflichtung bedeutet. Zudem ist es den meisten Häusern
kaum möglich, die demnächst steigenden Lohnkosten durch ihre Eigeneinnahmen
zu decken - nur ein ein Prozent mehr Lohnkosten müsste eine
Einnahmesteigerung von 15 Prozent nach sich ziehen.

Doch die derzeitige Krise ist nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine
künstlerische. Der Umbau der Gesellschaft bringt es mit sich, dass der
Wunsch nach weniger staatlicher Einmischung immer öfter artikuliert wird.
Diese Diskussion berührt natürlich auch das deutsche Theatersystem. Dazu
kommt, dass der Großteil der Mittel für die traditionellen Kunstformen
Oper, Sprechtheater oder Ballett ausgegeben werden, während moderne und
experimentelle Kunstformen recht stiefmütterlich behandelt werden. Die
Frage, die sich verstärkt in den Vordergrund drängt, lautet: Sind diese
traditionellen Formen überhaupt noch lebensfähig, oder hält man da nur eine
schöne Leiche künstlich am Leben? Diese Frage wird in den nächsten Jahren
sicherlich verschärft leidenschaftlich und äußerst kontrovers diskutiert
werden. Dabei wird das vermutlich einzige Argument für die jetzige
Theaterform in Aufführungen bestehen, die den einst von Meisterregisseur
Harry Kupfer formulierten Anspruch einlösen: "Biete ich dem Publikum
Theater, das interessiert, aufregt, fesselt, oder gelingt mir das nicht?"

Mutation zum Marktschreier

Dass Opern nur eine Auslastung von 76,7 Prozent aufweisen, das
Sprechtheater bloß auf 69 Prozent kommt, könnte man als mangelnde
Attraktivität und Relevanz deuten. Andererseits verweisen diese Zahlen auch
auf ganz andere Schwierigkeiten. Nach wie vor hat die Hochkultur, vor allem
die klassische Musik, einen schweren Stand in der Gesellschaft. Sie gilt
als elitär, nur für Experten geeignet. Zudem werden ihr, gerade von den
Propheten des langsam versteinernden Pop, die Sünden der Vergangenheit
vorgeworfen, wo sie angeblich ausschließlich als Freizeitbeschäftigung der
herrschenden Schicht diente. Aus diesem Ghetto muss die deutsche
Theaterkultur heraus, um überleben zu können, sie muss sich, wie Kino und
Literatur, wieder als eine Kultur für alle verstehen und vor allem als
solche vermitteln. Daran wollen die Theater und Orchester demnächst
verstärkt arbeiten. Sie werden sich neue Marketingstrategien überlegen und
ihre Education-Programme verbessern, sie werden stärker im Stadtbild und
damit im Bewusstsein der Einwohner präsent sein und sie werden endgültig
die Elfenbeintürme verlassen und sich ohne Berührungsängste unters Volk
mischen. Andernfalls könnte das deutsche Theatersystem (ästhetisch) bald
erledigt sein - ob mit oder ohne Wirtschaftskrise.
von
REINHARDJ.BREMBECK

 

Zusammenfassung

Ich hoffe dadurch den in mir gesetzten Erwartungen gerecht geworden zu sein, gleichzeitig mittels solch eines Vortrages eine Verbindung zwischen Lehre oder vielmehr Studium und praktischen Aussichten auf zukünftige Tätigkeiten in Kunst und Kultur hergestellt zu haben. Damit wäre zum Schluss eine Evaluierung anzuregen. Da das Institut "Kunst im Kontext" sich in einem Umwandlungsprozess befindet, gilt zu fragen welch eine Studienordnung würde eine angemessene Vorbereitung für die hier nur knapp skizzierte Europäsche Zukunft sein. Bislang galt ja die Unterscheidung zwischen der Amerikanischen und Deutschen Studienordnung, wobei die Spezialisierung in Amerika sehr früh begann während in Deutschland allgemeine Kenntnisse die Voraussetzung dafür war erst am konkreten Arbeitsplatz sich wirklich zu spezialisieren. Es scheint also angebracht erneut diese Frage ganz zum Schluss des Vortrages zu stellen, um Antworten aus der Perspektive einiger Erfahrungen mit der Europäischen Kulturpolitik zu entwickeln.

 

Athen 10.11.2002

Dr. Hatto Fischer

POIEIN KAI PRATTEIN (schöpferisch und praktisch sein)

www.poieinkaiprattein.org

 

1 “Priorities of the Committee on Culture, Media, Education, Youth and Sports”, Minutes of the Discussion with Comments by Hatto Fischer, Brussels 31.3.2000

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