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Bericht von Christa Kleinbub Dunkl und Rainer-René Mueller

         KIDS-GUERNICA - GUERNICA YOUTH IN TOGO   / Die Entstehung eines Großen  Bildes

                                              an der Grundschule „Miracle de Yahwé“

    

                     im Dorf Sanguera-Kléme,Togo, Africa, April 2015

 

Vorgeschichte

Seit 2008 besteht eine Patenschaft zwischen der Beruflichen Schule Helene-Lange-Schule“ Mannheim, Deutschland, und der  privaten, von einem deutschen Verein unterstützten  Grundschule „Miracle de Yahwé“ in  Sanguera-Kléme, einem kleinen Dorf in Togo, Westafrika, ca. 45 km nordwestlich der Hauptstadt Lomé.
An der Helene Lange Schule in Mannheim 2012  wurde  ein Kids-Guernica-Guernica Youth Bild gemalt und es wurden Vorbereitungen getroffen, dies auch der Patenschule in Togo zu ermöglichen.
Die Leinwand für das Kids-Guernica-Projekt in Togo (im wie stets bei den Kids-Guernica- Bildern gleichen-, auch von Picasso verwendeten Format) wurde von der seinerzeit ersten Kids-Guernica-Gruppe in Japan 2012 gespendet. Transport der Leinwand von Japan nach Togo wurde im Dez. 2012 ermöglicht.

Der Versuch, das Projekt in Eigeninitiative durch die Lehrer in Togo und mit finanzieller Hilfe durch die Helene-Lange-Schule zu realisieren, scheiterte zunächst.

Das Große Bild entsteht

                  

Im April 2015 wird das Projekt schließlich erfolgreich unter unserer Anleitung durchgeführt.
Wir arbeiten mit 20 Mädchen und Jungen im Alter von 8-13 Jahren, die von den Lehrern vorher ausgewählt wurden.  Die Kinder haben /hatten bisher wenig Gelegenheit zu malen. Es gibt keinen Mal- oder Kunstunterricht, Farbstifte und geeignete Farben sind rar und sehr  teuer.
Fast alle der Kinder kommen  aus einfachen, armen Familien, die meisten Eltern sind Kleinbauern, viele der überlasteten Mütter verdienen mit Handel  auf dem Markt etwas Geld dazu.

 

Die Kinder als Maler

Wir arbeiten mit den Kindern  ca.  3  Wochen lang  an insgesamt  8 Tagen, jeweils ca. 2-3 Stunden nach dem Unterricht, 3 Mal kommen sie extra samstags in die Schule.(in diesen Zeiten fehlen die Kinder zu Hause)
Sie sind  sehr neugierig, lernbereit, hochmotiviert und sehr stolz, an der “großen”, völlig neuen Aufgabe teilnehmen zu können.

                

Oft, wenn wir arbeiten, stehen viele andere Schüler an der Türe und an den Fenstern  und schauen zu (viele würden gerne auch mitmachen), was dazu führt, dass es oft sehr laut und unruhig ist und wir zu mehr Ruhe und ein bisschen Ordnung anhalten müssen.

Wir erzählen den Kindern um was es geht, dass sie an einem weltweiten Kunstprojekt teilnehmen, an dem viele Kinder in aller Welt schon mitgemacht haben. Sie sind stolz, dass sie die ersten Kinder aus Afrika sind, die dieses Projekt durchführen. Wir versuchen das Thema zu klären. Ein Mädchen fragt. „Wie kann man den Frieden malen?“ Wir verlocken die Kinder zu erzählen, welche Dinge oder Situationen ihres Alltags und ihrer täglichen Erfahrung im Dorf oder in der Familie in ihrer Fantasie auftauchen, wenn sie sich “ihre Welt” friedvoll vorstellen.

                   

             Christa Kleinbub-Dunkl mit den Kindern

Wir verteilen zunächst  Zeichenblätter und Farbstifte und ermuntern die Kinder, die Bilder, die sie im Kopf haben, zu malen. Es entstehen Bilder mit Blumen, Tieren, mit Gegenständen und Szenen aus dem Alltag, die für sie den Frieden darstellen. So. z. B. die Mutter, die Fufu, ein traditionelles Togolesisches Gericht, mit Mörser und Stampfer zubereitet. Ein Junge hat den Erdgeist (animistische Tradition)gemalt, der für reiche Ernte sorgt. Denn dass alle genug zu essen haben, ist eine wesentliche Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben.

 

Da die Kinder in ihrer unmittelbaren dörflichen Umgebung auch die animistisch religiös gestimmten Bildwerke und Fetischdarstellungen wahrnehmen(siehe Foto), spielen auch diese Motive ins große Bild hinein.

       

 

Aber auch die deutsche und togolesische Fahne wird mehrfach gemalt, denn die Schule wird ja aus Deutschland unterstützt und die “deutsch-togolesische Freundschaft” ist für diese Kinder auch ein Zeichen des Friedens, nach der langen Geschichte des Kolonialismus, der auf Gewalt basierte

Als 2. Schritt bekommen die Kinder in großen Joghurtbechern (die Christa eigens zuhause in Deutschland gesammelt und mitgebracht hatte) die 3 Grundfarben ausgeteilt, immer 2-3 Kinder teilen sich jeweils die 3 Becher mit den Grundfarben (einfache Acrylfarben, sog. Abtönfarben, wasservermal- und leicht mischbar): Rot, Blau und Gelb.

Rainer-René (für die Kinder Père René) erklärt ihnen, dass man mit diesen Farben alle anderen  Farben herstellen kann. Er lässt die Kinder damit spielerisch experimentieren, es entstehen verschiedene Grün-, Orange-, Lila- und Brauntöne in freien Formen. Nach jeder Arbeitsphase  räumen die Kinder gemeinsam auf, die Farbbecher werden zusammengestellt, mit den Deckeln verschlossen, die Pinsel ausgewaschen und aufgeräumt, das Bild am Abend, wenn die Farbe trocken ist, zusammengelegt, da der Raum ja für den Unterricht am folgenden Tag  genutzt wird. Zu jeder neuen Arbeitsphase wird ein Bottich mit frischem Wasser herbeigeholt.

In einem nächsten Schritt wird die große Leinwand (ca.3,50 x 7,50 m)im Klassenzimmer ausgebreitet. Es ist gerade groß genug, um die Leinwand fast vollständig auszufalten, aber noch wenig Platz bleibt sich zu bewegen.

Wir besprechen mit den Kindern, wie es weiter gehen könnte. Wie können sie ihre bisherigen Ideen und Fantasiebilder zum Frieden auf die Leinwand übertragen, wie kann daraus ein gemeinsames großes Bild werden, sodass jeder von ihnen darauf vertreten ist? Da die kleineren Kinder noch nicht so gut französisch sprechen, ist die Verständigung oft nicht leicht, aber die älteren vermitteln, und manches wird einfach vorgemacht.

      

Wir schlagen den Kindern vor, dass sich jedes von ihnen auf die Leinwand legt, jedes Kind in einer selbstgewählten Position, und dass von jedem Körper die Umrisse auf der Leinwand nachgezeichnet  werden. Dabei berühren sie sich, Hände, Füße überlagern sich. Die Kinder zeichnen gegenseitig ihre jeweiligen Körperumrisse auf die Leinwand, und  dabei erleben sie Nähe, Behutsamkeit, Rücksicht und Vertrauen und bemerken, wie man sich gegenseitig helfen kann.  Später sollen die freien Flächen zwischen den Körpern mit den vorher entworfenen Bildern und Symbolen gefüllt werden.

                            

Im nächsten Schritt bemalt jedes Kind nun seinen ”eigenen Körper”, also seine Silhouette, so wie es sich selbst in einer friedlichen Welt sieht. Dabei helfen und beraten sie sich gegenseitig. Die Farbtöpfchen werden immer von einer kleinen Gruppe gemeinsam benutzt, auch die selbst gemischten Farben werden geteilt.

     

 

Zu Anfang  gießen wir Erwachsenen, um den Kindern zu zeigen wie man sparsam mit den Farben umgeht,- aus den großen Farbtuben noch die Grundfarben in die Becher der Kinder; doch mit der Zeit tun sie das gegenseitig für einander.

Beim Arbeiten wird deutlich, dass es unter afrikanischen Verhältnissen nicht möglich ist „ sauber“ zu arbeiten. Die Kinder laufen barfuß, da überall der rote afrikanische Staub liegt, haben wir alle staubige Füße und so gibt es überall auf der Leinwand die Spuren davon. Auch bleibt es nicht aus, dass sie in dem engen Raum, wo 20 Kinder gleichzeitig arbeiten, über die Leinwand laufen müssen und dabei auch auf frische Farbe treten und diese mit den Füßen verteilen.

 

 

           

 

                                

 

Es wird also ein durch und durch  “afrikanisches”  Bild, entstanden unter afrikanischen Bedingungen-. Aber daran stört sich niemand.

                            

Afrikanisch ist auch die Mitarbeit der 2 oder 3 Lehrer, die uns unterstützen. Sie sind ganz bei der Sache, identifizieren sich mit dem Projekt, aber sind einen lauten, autoritären Stil gewöhnt und ermahnen die Kinder oft unnötig  streng, doch „richtig“ zu malen, was der so  schön freien Gestaltungsbegabung der Kinder und ihrer Kreativität nicht zuträglich ist. Wir versuchen behutsam die Kollegen zu überzeugen, dass sie solche Ermahnungen unterlassen und dass es hier kein Richtig und Falsch gibt.

Nach einigen Arbeitstagen sind alle “Silhouetten-Körper“ bemalt und die Kinder beginnen nun in die Zwischenräume die vorher, auf den kleineren Zeichenblättern entworfenen Bilder zu malen, aber es entstehen auch  noch neue Ideen. Dabei müssen sie sich abstimmen, wer wo malt, fast immer arbeiten mehrere Kinder zusammen. Die Kinder zeichnen und malen sehr unterschiedlich, manche sorgfältig, langsam, andere  spielen unbekümmert  großflächig mit viel Farbe.  Die größeren freigebliebenen Flächen füllen die Kinder anschließend mit der Schwämmchentechnik in Blau- und Grüntönen.

          

Ohne dass eine „Gesamtkonzeption“ geplant oder abgesprochen wird, entsteht eine bemerkenswerte, sehr  abwechslungsreiche  Farb- und Motivabfolge in einem großen Gesamtbild, das uns sehr beeindruckt.

Mit Deckweiß werden letzte Korrekturen vorgenommen, größere Flecken nochmal übermalt, da und dort ausgeholfen, ausgebessert.

 

Das Große Bild

Schließlich ist das Bild fertig. Wir müssen die Kinder sogar bremsen, da sie immer noch weiter malen wollen und dabei bestimmte Motive sogar wieder übermalen. Wir lassen alle Farbtöpfchen, Pinsel, Schwämme etc. auswaschen und  aufräumen. Dann heißt es  warten, bis die Farbe getrocknet ist. Am Nachmittag ist es dann soweit. Wir tragen das Bild gemeinsam  in den oberen Stock der Schule und lassen es von der Balkongalerie aus, an der Wand zum Innenhof heruntergleiten und befestigen es mit starken Schnüren.

  

Nun wird das Werk gemeinsam bewundert. Erst jetzt entdecken wir die  vielen kleinen Einzelheiten, die zusammen beeindruckend eine afrikanische Bildergeschichte erzählen. Wir machen vom großen Bild mit allen Mitwirkenden Fotos und am Schluss bekommt jedes Kind einen Kugelschreiber (deutsche Kugelschreiber sind heiß begehrt) und einen Bleistift und  Wir bitten darum, dass jedes Kind in den bevorstehenden Osterferien einen kleinen  Brief an einen Freund oder an uns schreibt und über seine Erfahrungen oder Gedanken beim Malen erzählt. Diese „Briefe“ sollen die Präsentation des Togo-Bild  auf der web-seite von Kids-Guernica - Guernica Youth  ergänzen.

Geplant ist nach den Osterferien ein kleines Fest mit allen Schülern, Lehrern und Eltern, bei dem das Bild ausgestellt werden soll. Leider kommt es dazu nicht mehr vor unserer Abreise, da die Togolesische Regierung kurzerhand die Osterferien wegen der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen (??!!!) auf 4 Wochen verlängert hat (das ist eine eigene Geschichte).
Ich, Christa, nehme das Bild dennoch mit zurück nach Deutschland, da es ja sowohl in der Patenschule in Mannheim als auch auf anderen geplanten Ausstellungen gezeigt werden soll. Die jungen Künstler sind damit einverstanden, dass ihr Bild auf Reisen geht und ich verspreche, dass das Bild zurückkommt, da es ja der Schule gehört.

 

 

Christa Kleinbub-Dunkl, Gymnasiallehrerin a. D.
Rainer-René Mueller,
Museums-Dir.i.R, Kunsthistoriker

Im April 2015
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Text und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Verwertung nur nach Rücksprache und Quellennachweis. c 2015 CKL & RRM 

 



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